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Wir nähern uns dem Erntedankfest Anfang Oktober 2022. Die Bauern im Harzvorland haben hoffentlich ihre Ernten gut unter Dach und Fach gebracht.
Hier in Lerbach im Oberharz jedenfalls scheint aber eine besondere Ernte, die Holzernte auf Hochtouren zu laufen, denn große Holz-Lastwagen fahren unüberhörbar laut und unbeladen bergauf, aber danach mit Fichtenstämmen voll beladen talwärts.
Im Lerbachtal ziehen heute Nebelschwaden in den höheren Lagen um die Bergkuppen herum und es sind gerade mal schattige 9 ° Celsius.
Vor drei Wochen sah die Welt auch hier noch anders aus. Wir ziehen bei 30° Celsius und Sonnenschein in unser Quartier im Lerbacher Hexenzipfel ein.
Unsere Vorhaben und Ziele sind in den nächsten Tagen:
Pure Natur, Wanderungen und Freunde treffen – die Heimat genießen.
Wir starten unsere erste Wanderung auf dem Grubenweg und erreichen unterhalb des Clausbergs das Lerbacher Grubengelände, um danach schon gut durchgewärmt in den kühleren Buchenwald am Kleeberg zu gelangen. Buchenwälder haben die Eigenschaft – deutlich wahrnehmbar – Unterschiede mit tieferen Temperaturen zu halten.
Wir erreichen die nahe beieinander liegenden Gruben „Weintraube“ (ab 1782, Teufe/Länge 210 m = ca. 105 Lachter), „Juliuszeche“ (ab 1837, Teufe 258 m) und „Blauer Busch“ (ab 1783, Teufe 185 m). Hier beginnt der Lerbacher Eisenstein-Lehrpfad.
Nachdem 1998 an der Grube „Weintraube“ durch einige entschlossene Lerbacher von der Heimatstube Lerbach ein richtiger Eingang am Mundloch geschaffen wurde, finden hier vereinzelt Grubenbegehungen statt.
Den imposanten Innenraum der „Weintraube“ müssen wir uns von Frank Koch unbedingt später noch zeigen lassen. Auffällig ist, wie gepflegt das ganze Gelände und die Zuwegung ist – so, als würden jeden Tag Besucher erwartet.
Wenige Schritte weiter überqueren wir den Bach aus dem Schiefertal und es beginnt der angenehm kühle Buchenwald am Kleeberg. Vor uns liegt das verschlossene Mundloch (Eingang) der Grube „Oberer Kleeberg“ (ab 1778, Teufe 21 m).
Es geht danach etwas steiler bergauf und wir sind wirklich froh, dass fleißige Hände bei einigen dicken, umgestürzten Buchenstämmen ausreichend breite Durchgänge freigeschnitten haben. Vor einem Jahr mußten wir noch mühsam über die dicken Stämme klettern (der Weg war allerdings damals von oben kommend gesperrt). So wurde der Weg und der Wald wieder für Menschen nutzbar und erlebbar gemacht.
Weiter am steilen KleebergHang entlang erreichen wir unterhalb der Claras Höhe das Mundloch der Grube „Glückstern“ (ab 1831, Teufe 64 m) und genießen natürlich wenige Meter weiter von der Claras Höhe aus den immer noch prächtigen Blick auf das Lerbachtal bis in das Harzvorland, obwohl die Lerbacher Wiesenhänge immer mehr zuwachsen.
Diese Aussicht ist immer wieder neu und man darf sie auf keinen Fall versäumen.
Hier beginnt unterhalb der Strasse zum Heiligenstock der Sommerbergweg (Teil des Eisenstein-Lehrpfades), an dem auf der Strecke bis zur Alten Harzstrasse in Unterlerbach einige weitere Lerbacher Gruben liegen.
Ein paar Biegungen des Weges weiter und wir erreichen nach dem spärlich plätschernden Kuhkolk-Bach das Lehmtal mit den beiden Stollen „Lehmenthal“ (ab 1755), deren Lagen am Sommerbergweg zu erkennen sind.
Hier treffen wir auf zwei junge Lerbach-Besucher, die mühsam den steilen Weg aus dem Tal herauf erklommen haben und total erschöpft sind.
Spätestens jetzt wird einem nochmal verdeutlicht, welche Mühen und Plagen unsere Lerbacher Vorfahren bergauf, bergab mit Kiepen und Karren unter schweren Lasten bei jedem Wetter im Bergbau zu ertragen hatten.
„Die Buchenwälder im Bereich des Sommerberges sind gut 160 Jahre alt. Sie werden sehr vorsichtig bewirtschaftet, um das Bestandesinnenklima (Kühlung des Waldes) so gut wie möglich zu erhalten.“ (Zitat Heiner Wendt, Revierförsterei Lerbach, 18.09.2022)
In früheren Jahrzehnten wirkte der Wald eher „aufgeräumt“, weil z.B. noch verstärkt Holz gesammelt und verbrannt wurde. Heute ist hier der Buchenwald weitgehend „aus der Nutzung genommen“, es werden also kaum Bäume gefällt, sodaß auch Totholz – was ja nicht wirklich leblos ist – als Unterholz und junger selbstbesamter Baumnachwuchs verschiedener Baumarten ein erklärter Bestandteil der forstlichen Ökologie und zeitgemäßer Waldpflege ist.
Kurz nachdem wir am Ilsental und dem Steintal vorbei an der Concordiaklippe sind, zieht ein kurzes Sommergewitter mit intensivem Regenschauer auf und erwischt uns voll, obwohl wir schützende BuchenLaubdächer als Unterstand im oberen Bereich des Mühlengrundes gewählt haben. Auch das gehört zum „Waldbaden“ und wir haben es „genossen“.
Der Wald hat dabei nach Wochen der Trockenheit tief durchgeatmet – und wir auch.
So ein Schauer kann uns nicht entmutigen, denn die Sonne trocknet uns halbwegs wieder und wir wählen in der Nähe vom Strülkenberg den Abstieg „Zum Trost“ hinunter. Dort findet gerade der Dorfmarkt statt und wir freuen uns auf ein erfrischendes „Original Altenauer Hüttenbier“ und die Begegnung mit alten Freunden und guten Bekannten.
(Galerie: Bitte anklicken für Vergrößerungen)
Schon der erste Tag hat gezeigt: Hier ist nirgends immer lauter Hochbetrieb und Massenauflauf – wie sehr häufig anderswo in schönen Gegenden. Das ist ein Schatz und ein hohes Gut – und das sollte man sich immer wieder bewußt machen.
Beste Grüße
Wolfgang Gärtner
www.interform.de – gaertner@interform.de – 0211.403411
Hiermit erkläre ich, dass evt. Fehler bei den Quellenangaben unbeabsichtigt sind.
PS: Wer ausführlicher über den Bergbau in Lerbach informiert sein möchte, sollte das Büchlein „Entlang der Lerbacher Eisensteingruben – Grubenwanderungen um Lerbach“ von Frank Koch lesen. Aus diesem Buch stammen auch die Bilder von Frank und Günther Koch.
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